06 Apr was wir während der Feldforschung in Plovdiv-Stolipinovo vorhaben
Im Rahmen des gut zehntägigen Aufenthalts in Plovdiv werden wir uns drei Themen widmen. Das erste befasst sich mit transnationalem Familienleben, wobei konkret drei Studien parallel umgesetzt werden. Erstens replizieren wir die Studie von Dreby und Adkins (2011), welche die Familienvorstellungen von Kindern aus transnationalen Familien in Mexiko untersuchten. Dazu sollen Grundschulkinder aus dem Stadtteil Stolipinovo ihre Vorstellungen über Familie malen. Die Bilder werden, in Kombination mit Kurzinformationen zu den Kindern und ihren Familien, anschließend ausgewertet. Dadurch erhalten wir Einblicke in transnationale Familienvorstellungen von Kindern aus Stolioinovo. Eine weitere Teilstudie hat Mütter zur Zielgruppe. Diese sollen mittels Autofotografie zu Familienorten im Stadtteil befragt werden. Drittens werden teilnehmende Beobachtungen von Orten im Stadtteil unternommen, an denen sich Familien vermehrt aufhalten.
#together so heißt das Motto der Kulturhauptstadt 2019, Plovdiv. Die Stadt liegt im Herzen Bulgariens und gehört zu den ältesten Städten Europas. Es leben circa 350.000 Menschen in der Stadt. Der Region geht es (für bulgarische Verhältnisse) gut und zahlreiche Industrieunternehmen sind in und um Plovdiv ansässig. Zu Plovdiv gehört auch der Stadtteil Stolipinovo, in dem rund 50.000 Menschen leben, was rund 15% der lokalen Bevölkerung ausmacht. Der Stadtteil ist zugleich der größte mehrheitlich von Roma bewohnte Stadtteil der Europäischen Union und gezeichnet von hoher und teils sogar absoluter Armut. Von dort aus migrieren relativ viele Menschen zumindest temporär nach Deutschland und vor allem in ins Ruhrgebiet. Eine Gruppe von Studierenden der FH Münster wird sich Stolipinovo im April 2019 vor Ort genauer ansehen.
Das zweite Thema ist Diskriminierung. Hier werden jeweils leitfadengestützte Interviews mit Angehörigen der Mehrheits- und Minderheitsbevölkerung über die gegenseitige Wahrnehmung geführt. Wir erhoffen uns dadurch mehr davon zu lernen, unter welchen Umständen es nicht zu Diskriminierung von Roma kommt bzw. umgekehrt, unter welchen Umständen diese eher auftritt.
Drittens wird die Armutsdeutung und ihre Folgen untersucht. In Rückgriff auf den breiten Forschungszweig von Marginalisierung, relativer Deprivation und Kontexteffekten von Wohngebieten werden problemzentrierte Interviews mit Bewohnerinnen und Bewohnern aus Stolipinovo geführt. Uns interessiert hier vor allem ob sich Menschen selbst als armutsbedroht erleben, und wie sie mit ihrer Situation umgehen. Die Ergebnisse vergleichen wir dann mit vor allem ethnografischen Arbeiten aus Deutschland und den USA.
Es ist zu erwarten, dass die Feldforschung breite Ergebnisse zutage bringt, die von den Studierenden in Werkstattgesprächen vor allem an Fachkräfte der Sozialen Arbeit vermittelt werden sollen. Auch werden die erhobenen Daten ggf. für Abschlussarbeiten und Publikationen genutzt. Zugleich wird jede Gruppe einen Forschungsbericht vorlegen. Einen Einblick in die Feldforschung, sowie dann auch die Ergebnisse werden auf einem Blog und durch einen Twitter-Account der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
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